Verteilung von Nutzungsentschädigungen für die Überlassung von Ausgleichsflächen
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt in seinem Urteil vom 12.12.2023, Aktenzeichen IX R 18/22, dass für die Möglichkeit der Verteilung von Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zwingend erforderlich ist, dass die genaue Dauer der Nutzungsüberlassung zum Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits vertraglich festgelegt ist. Es ist jedoch erforderlich, dass die Dauer anhand objektiver Umstände, gegebenenfalls durch Schätzung, zumindest bestimmbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.2019, Aktenzeichen VI R 34/17, Bundessteuerblatt II 2021, Seite 5).
Sachverhalt
Die Streitparteien debattieren darüber, ob die Vergütung für die Bereitstellung von landwirtschaftlichen Flächen zur Kompensation von Eingriffen in die Natur entweder zum Zeitpunkt des Zuflusses oder über einen Zeitraum von 20 Jahren als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vom Kläger zu versteuern ist.
Der Kläger und Revisionskläger (im Folgenden "Kläger") schloss am 25.09.2017 einen Nutzungsvertrag mit der ... GmbH (im Folgenden "GmbH"). Gemäß diesem Vertrag stellt der Kläger der GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Verfügung, um Naturschutzmaßnahmen durchzuführen und sogenannte Ökopunkte zu erzeugen. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und konnte erst nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden (siehe § 3.2 des Nutzungsvertrags). Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund blieb hiervon unberührt (siehe § 3.3 des Nutzungsvertrags). Zusätzlich verpflichtete sich der Kläger, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten der GmbH (§ 7.1 des Nutzungsvertrags) und zugunsten der zuständigen Behörde (§ 7.3 des Nutzungsvertrags) zu bestellen. Die GmbH wiederum verpflichtete sich, die Löschung der ihr im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechte am Ende der Vertragslaufzeit zu bewilligen und zu beantragen (§ 7.6 des Nutzungsvertrags).
Der Kläger erhielt die Nutzungsentschädigung über einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt ausgezahlt. In seiner Steuererklärung machte er geltend, dass gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG eine Verteilung über 20 Jahre erfolgen solle. Das Finanzamt (FA) sah die Voraussetzungen für eine Verteilung nach dieser Vorschrift nicht als erfüllt an, da die Laufzeit des Nutzungsvertrags nicht ausreichend bestimmt sei.
Entscheidungsgründe
Der BFH bestätigt die Ansicht des FA. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 EStG ist es nicht erforderlich, dass die genaue Dauer der Nutzungsüberlassung zum Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits vertraglich festgelegt ist. Es ist jedoch notwendig, dass die Dauer anhand objektiver Umstände, gegebenenfalls durch Schätzung, zumindest bestimmbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.2019, Aktenzeichen VI R 34/17, Bundessteuerblatt II 2021, Seite 5).
Im vorliegenden Fall liegt nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwar eine Nutzungsüberlassungsdauer von mehr als fünf Jahren vor, da die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Vertrags für 30 Jahre ausgeschlossen wurde. Es fehlt jedoch an einem bestimmten Vorauszahlungszeitraum. Das Gesetz verlangt nicht, dass die genaue Dauer der Nutzungsüberlassung zum Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits festgelegt ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.2019, Aktenzeichen VI R 34/17, Bundessteuerblatt II 2021, Seite 5, Rz. 35). Es ist vielmehr erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Vorauszahlungszeitraum von mehr als fünf Jahren anhand objektiver Umstände feststellbar ist, sei es durch Schätzung (BFH-Urteil vom 4.6.2019, Aktenzeichen VI R 34/17, Bundessteuerblatt II 2021, Seite 5, Rz. 35; siehe auch Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 30.9.2013, Bundessteuerblatt I 2013, Seite 1184, Rz. 26; BFH-Urteil vom 20.7.2018, Aktenzeichen IX R 3/18, HFR 2019, Seite 126, Rz. 23).
Im vorliegenden Fall sieht der BFH dies als nicht gegeben an. Obwohl im Streitfall aufgrund des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung für 30 Jahre eine Mindestnutzungszeit feststeht, fehlen objektive Anhaltspunkte, um das Ende der Nutzungsüberlassung oder des Vorauszahlungszeitraums festzustellen, sei es durch Schätzung oder anderweitig.
Hinweis:
Die Finanzverwaltung ermöglicht die Verteilung von Entschädigungszahlungen im Rahmen des Stromnetzausbaus auf einen Mindestzeitraum von 25 Jahren (siehe Finanzministerium Schleswig-Holstein, Schreiben vom 23.5.2023, Aktenzeichen VI 309-2134-080; Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2023/3).
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